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5.4 Periodisierung der Geschichte der Solitonentheorie

 

 

Das in dieser Arbeit und [Artikel III] gezeichnete Bild von der Entstehung der Disziplin Solitonentheorie läßt eine feinere Periodisierung der Geschichte der Solitonentheorie zu, als dies in der Einleitung geschehen ist. Hier kann vor allem der Übergang von der frühen zur klassischen Periode genauer untersucht werden. Dieser Übergang ist nicht scharf, sondern nimmt selber eine gewisse Zeit in Anspruch. Als eine feinere Periodisierung der Geschichte der Solitonentheorie wird hier folgende Gliederung vorgeschlagen:

 

    1. Frühe Geschichte

            Übergangsphase: a.Vorbereitungsphase; b. Konstituierungsphase

    2. Klassische Geschichte

            Übergangsphase

    3. Moderne Geschichte.

 

Es zeigt sich, daß bestimmte Aspekte der Entwicklung der Disziplin Solitonentheorie durch diese Periodisierung verdeutlicht werden können. Im Einzelnen:

 

1. In der frühen Geschichte der Solitonentheorie verliefen einzelne Entwicklungslinien getrennt voneinander (siehe Diagramm in der Einleitung). In diesen Entwicklungslinien wurden einzelne Aspekte der Solitonen bzw. der Solitonentheorie entwickelt. In der Hydrodynamik ist es die dispersionslose solitäre Welle. In der Differentialgeometrie ist es die geometrische Interpretation einer Solitonengleichung bzw. deren Integration. In der Entwicklungslinie der Festkörperphysik bis 1950 ist es wieder die solitäre Welle. Nach 1950 trat eine grundlegende Änderung in dieser Entwicklungslinie ein: Erstmals wurden die beiden Aspekte solitäre Welle und Integrabilität von SEEGER vereint (die geometrische Interpretation stand eher im Hintergrund), indem er auch zwei Entwicklungslinien miteinander verband. Im Zuge dieser Verbindung wurde ein weiterer und entscheidender Aspekt der Solitonen entdeckt: ihre Kollisionseigenschaften. Diese Synthese aller für die Solitonentheorie wichtigen Aspekte kann betrachtet werden als Beginn der

Übergangsphase, genauer: Beginn der

a. Vorbereitungsphase. In dieser Phase wird der Beginn der klassischen Geschichte vorbereitet. Zu ihr können alle Entwicklungen gerechnet werden, die die grundlegenden Eigenschaften der Solitonen, bzw. ihrer Gleichungen aufzeigen. Hierzu zählt die Entdeckung der vielen Anwendungen der Solitonengleichungen, die deren Eigenschaften auf experimentellem Wege verdeutlichten, und insbesondere die Arbeiten von ZABUSKY und KRUSKAL. Durch ihre numerische Integration der KdV-Gleichung gelangten sie - wie SEEGER - zu dem Aspekt der Kollisionseigenschaften. Auch die Entdeckung der IST für die KdV-Gleichung im Jahre 1967 ist in diese Phase zu rechnen. Der grundlegende Unterschied aus der Sicht der Periodisierung zwischen der Entdeckung der Integrabilität der SG-Gleichung im vergangenem Jahrhundert und der Integrabilität der KdV-Gleichung 1967 besteht darin, daß 1967 der Aspekt der Integrabilität mit dem der solitären Welle in Verbindung gebracht werden konnte, was in der frühen Periode der Solitonentheorie noch nicht der Fall war.

 

Die Entwicklung von der Vorbereitungsphase in die

b. Konstituierungsphase, in der sich die klassische Geschichte konstituiert, ist nicht in einem scharfen zeitlichen Punkt einer Entdeckung zu fassen. In der Konstituierungsphase verwuchsen die einzelnen Entwicklunslinien einerseits und die Entdeckungen der Anwendbarkeit von Solitonengleichungen in den verschiedensten Gebieten der Naturwissenschaften andererseits zu einem relativ geschlossenen System. Der Beginn der Konstituierungsphase kann in den Zeitraum gelegt werden, in dem die Zusammengehörigkeit der verschiedenen Solitonengleichungen geahnt wurde, also in den Anfang der siebziger Jahre. Die Entdeckung der AKNS-Methode, die die Solitonengleichungen in eine Klasse zusammenfassen konnte, und der Eintrag der neuen Disziplin in den Subject Index der Physics Abstracts mit dem Namen "Solitonentheorie" gehören sicherlich in die Phase der Konstituierung der Disziplin. Die verschiedenen Entdeckungen zur Solitonentheorie wurden nun nicht mehr getrennt voneinander nach Gleichungen oder wissenschaftlicher Richtung behandelt, sondern konnten alle in einer Disziplin zusammengefaßt werden.

 

Damit trat die Solitonentheorie in die Phase der normalen Wissenschaft ein wie T. KUHN es nennt, bzw. in

2. die klassische Geschichte, wie es in dieser Arbeit bezeichnet wird. Die frühe Geschichte der Solitonentheorie und die Übergangsphase waren beendet.

 

 

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